
Mit Kindern spielen – oder Kinder spielen lassen?
Diese Frage beschäftigt wahrscheinlich die meisten Eltern: wie viel Zeit und Energie verwende ich darauf, mit meinem Kind zu spielen, und wann überlasse ich es seinem freien Spiel? Und wie gestalte ich das Spielen als Familie?
Ein Beitrag von Marion Baumann
Als unsere Kinder in das Alter kamen, in dem sie mit echten Rollenspielen anfingen, war ich schneller raus als die Playmobil-Prinzessin in ihrer Kutsche drin. Während andere Eltern Spaß daran hatten, Feuerwehrhubschrauber über imaginären Klippen kreisen zu lassen und verlorene Schafe und Kinder zu retten, freuten wir uns über etwas freie Zeit. Erfahrungsgemäß mussten wir nur ein paar Minuten Nörgelei überstehen, bis die Kinder anfingen, alleine zu spielen – und nach einigen weiteren Minuten waren wir und die komplette Welt um sie herum vergessen. Allerdings machte es uns Freude, die Kinder bei ihrem Spiel zu beobachten: Die Dialoge, die gedachten Welten, die Geräusche, die sie ihren Fahrzeugen und Tieren andichteten, waren nicht nur unterhaltsam, sondern auch informativ und verrieten uns einiges über das, was sie gerade beschäftigte.
Welche Zeitenwende, als sie alt genug wurden für die ersten Gesellschaftsspiele.
Mit Puzzles und kleinen Memories fing es an, aber das haute mich bezüglich meines eigenen Spielspaßes noch nicht wirklich vom Hocker. Dann kamen die ersten Kartenspiele, und Brettspiele, und erste Klassiker wie „Lotti Karotti“: Hasen hüpfen über ein Löcherbrett, dessen Löcher sich bei jedem Spielzug ändern – dem konnte ich schon etwas mehr abgewinnen. Zum einen wollte ich natürlich gewinnen und konnte mich wundervoll darüber ärgern, wenn meine Hasen in Löchern verschwanden. Zum anderen entwickelte sich natürlich auch bei den Kindern der Wunsch, als erster die überdimensionale Karotte zu erreichen, und da wurde getrickst, gedrängelt, schadenfroh gelacht, es wurden Allianzen geschmiedet, wieder aufgelöst, es wurde sich geholfen und es wurde sich gegenseitig getröstet. Ein Abbild des echten Lebens im Hasenformat!
Und dann natürlich DER Klassiker schlechthin: Mensch-ärgere-dich-nicht. Eine befreundete Grundschullehrerin gab uns den klugen Tipp, dass nichts besser auf die Grundschule vorbereitet als dieses uralte, vermaledeite und geliebte Brettspiel: die Kinder lernen, mit Mengen und mit Zahlen umzugehen, sie üben die Finger in Feinmotorik und: sie lernen, zu verlieren. Also, in der Theorie… natürlich endete auch manche unserer Partien in Tränen. Aber ich denke, die Lektion hat über die Dauer trotzdem irgendwie gesessen.

Dann entdeckten wir den Markt der kooperativen Gesellschaftsspiele
und hatten enorm viel Vergnügen mit gemeinschaftlichem Rätseln, Bauen, Knobeln und anderen spannenden Aktivitäten. Wir konnten diesen Spielen viel abgewinnen – auch wenn insgeheim manchmal doch der Kick des Wettbewerbs fehlte. Aber alles hat seinen Platz im Familienspiel. Genauso wie das freie Spiel, das mit der Zeit andere Formen annahm: mehr Lego, mehr Schleich, mehr Malen. Für die kindliche Entwicklung unerlässlich, aber nach wie vor: Mama war zum Mitmachen nicht zu bewegen.
Mit dem Beginn der Grundschule unseres Jüngeren gesellte sich ein neues Element zum familiären Spielen hinzu: er begann, seine eigenen Spiele zu entwickeln.
Die größten Erfolge basierten auf „Angry Birds“ – Online-Spiele hatten natürlich auch ihren Raum bei den Kindern, wenn auch in zeitlich engem Rahmen. Ungebremst hätten nämlich sonst andere Spiele eher gar keinen Raum mehr gehabt, zu groß sind die Verlockungen des Daddelns auf Mamas oder Papas Handy oder dem Familien-Tablet. Zu dem Online-Spiel gesellten sich die bei uns äußerst beliebten Angry-Birds-Filme, und beides zusammen waren Inspiration für ein brandneues, selbstausgedachtes Brettspiel und für ein Quartett, das wir – man glaubt es kaum – noch heute hin und wieder gemeinsam spielen.
So hätte es mich nicht verwundern müssen, welche Begeisterungsstürme das Konzept von AVA vor allem bei meinem Sohn auslöste: die niedliche Figur, die Vorstellung der unbegrenzten Spielwelten. Zudem die Kombination von Tablet-Daddeln und dem Vergnügen des gemeinsamen Spiels – mein Sohn und seine Kumpels sind voll entbrannt. Sie entfalten bereits jetzt ihre Spielideen und können deren Umsetzung kaum abwarten. So wie ich, die ich mich sehr auf diese neue Dimension des Familienspieles freue.
Ganz kleine Kinder sind etwas Wunderbares, und wir haben ihre Zeit im Krippen- und Kindergartenalter sehr genossen. Aber ich habe gelernt, dass es in Ordnung ist, sich nicht auf freies Rollenspiel einzulassen. Sondern sich darauf zu freuen, mit ihnen das zu spielen, was auch mir Freude macht: Gesellschafts -und Brettspiele.


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